Für das Wettbewerbsverfahren „Wohnquartier An den Eichen“ in Garbsen – Berenbostel wurde ein Quartiersplatz sowie ein generationenübergreifender Spielplatz unter den Prinzipien der Schwammstadt entwickelt. Mit dem Entwurf „Mitten am Knick“ haben wir den zweiten Platz erreicht.
Der Umgang mit dem Regenwasser ist ein wichtiger Bestandteil jeder Neuplanung. Im Wohnquartier „An den Eichen“ bekommt dieses Themenfeld eine besondere Bedeutung, da die Baugrundverhältnisse von einer Sperrschicht aus einem gering durchlässigen Geschiebemergel mit darüber liegendem Schichtenwasserhorizont geprägt sind. Um für den Überflutungsschutz das Regenwasser (RW) nicht nur sicher abführen zu können, sondern das Regenwasser auch nutzbar für die Flora und Fauna werden zu lassen, muss ein gesamtheitliches Wirkungsprinzip entwickelt werden. Hierin spielt die Ressource Regenwasser in der klimaresilient angepassten Stadtlandschaft eine zentrale Rolle.
Abgestimmt auf die örtlichen Gegebenheiten werden hier die Maßnahmen der „Schwammstadt“ kombiniert mit regional, kulturellen Landschaftselementen und Innovationen, die technisch umsetzbar sind und die Prinzipien des Regenwasser speichernden und nutzenden Stadtquartiers ergänzen. Der Überflutungsschutz wird hier mit konventionellen baulichen Maßnahmen und sinnvollen Prinzipien der Schwammstadt zu einem gesamtheitlichen, nachhaltigen und klimaresilienten Wirkungskreislauf verbunden.
Wasserspiel „Pfütze“
Als innovativer Beitrag zur Regenwasser-Verdunstung und Schaffung eines angenehmen Mikroklimas des Quartiersplatzes bei Hitze wurde das Wasserspiel „Pfütze“ entwickelt.
Bei Regenfällen wird durch mehrere Einläufe an den Geländetiefpunkten in Rigolen das anfallende Regenwasser gesammelt und gespeichert. Während einer längeren Trockenperiode und starker Sonneneinstrahlung wird das gespeicherte Regenwasser aus den Zisternen über eine Druckleitung wieder an die Oberfläche zurückgepumpt. So entstehen auf dem Plattenbelag Pfützen, die für eine lokale und kurzfristige Abkühlung sorgen. Der Füllstand der Zisterne wird durch einen Sensor gemessen. Bei Verfügbarkeit von Wasser für das Wasserspiel wird automatisch über einen Sensorschalter mit Wetterdaten das Wasser gepumpt. Nach einem definiertem Zeitintervall einer Hitze- und Trockenperiode kann somit im Sommer gezielt Wasser zur Kühlung und Verdunstung abgegeben werden.
Die Energie für das Pumpen wird an Tagen mit hoher Sonneneinstrahlung emissionsfrei und ohne Speicherung über die Solarpaneelen an den Mastleuchten geliefert. Die Intensität und die Intervalle können gesteuert werden.
Erweitert werden kann das System mit dem Anschluss an größere Zisternen oder einer alternativen Wasserquelle (Anschluss Gründächer). So entsteht im Sommer ein angenehmes und attraktives Wasserspiel zur Verbesserung des Mikroklimas. Zur nächtlichen Bewässerung der Pflanzen kann ein Pufferspeicher in den Sitzelementen integriert werden. Die Bewässerung / Befeuchtung der Pflanzen erfolgt mit Tropfenbewässerung, um besser dosieren zu können.
Spielplatz und Quartiersplatz sind durch den gleichen Pflasterbelag miteinander verbunden. An der Fahrbahn dient er dem generationenübergreifenden Treffen und Spielen. Tisch-Bankkombinationen und Nutzungsangebote für alle Altersgruppen bilden vom Quartiersplatz aus den Auftakt am Erlen-Knick. Zwischen dem angrenzenden Waldstückchen finden sich drei Teilflächen mit altersspezifischen Nutzungsschwerpunkten: weitläufige Kinderspielflächen im schattigen, südlichen Bereich und offenere Sport- und Aktivbereiche für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.
Am Wald lädt eine bewachsene Liegewiese mit Hängematten zum Verweilen ein.
Der multicodierte Quartiersplatz ist unter dem Kronendach der KnickÜberhälter für die Besucher*innen durchlässig. Öffentliche Sitz- und Aufenthaltsbereiche sind in diesen zentralen, bepflanzten und durchgrünten Bereichen angeordnet, um ruhigere Rückzugsorte mitten auf dem urbanen Quartiersplatz bieten zu können.
Als Durchwegung und für eine gastronomische Außenbestuhlung oder Feuerwehr-Flächen ist der Bereich vor der Bebauung freizuhalten. An drei Stellen wird der Pflasterbelag eingemuldet, um an heißen Sommertagen ein attraktives und kühlendes Wasserspiel auftauchen zu lassen, gespeist aus gespeichertem Regenwasser.
Abenteuerpfad durch den Wald
Der Erlen-Bruchwald im Westen des Quartiers soll mit geeigneten Maßnahmen in seiner Artenvielfalt gestärkt werden und gleichzeitig ein Entdeckungsort der Umweltbildung für Groß und Klein werden.
Das kleine Waldstück wird mit einem Trampelpfad erschlossen, an dem die Bäume auf Verkehrssicherheit hin überprüft werden müssen. Entsprechendes Totholz und nicht heimische Arten werden entfernt und das Schnittgut verbleibt als Benjeshecke im Gelände.
Viele verschiedene Tierarten wie Insekten, Spinnen und Igel sollen in Totholzhaufen, in den Benjeshecken und in einem Insektenhotel Schutz finden.
Weitere Ergänzungen durch Fledermauskästen und Vogelnistkästen geben auch den Tieren der Lüfte ein geeignetes Zuhause und erhöhen so die Artenvielfalt im Quartier.
Der Waldcharakter bleibt hier weitgehend erhalten, um so den Bewohner*innen das Spielen und Lernen in der „Natur“ in einem durchgrünten, artenreichen Wohnumfeld zu ermöglichen.
Der Knick – ein prägendes Element der norddeutschen Kulturlandschaft
Der Knick – ein prägendes Element der norddeutschen Kulturlandschaft – erfüllt auf dem Quartiersplatz wichtige sozioökologische Funktionen.
Die Überhälter spenden Schatten und sorgen für ein angenehmes Mikroklima. Unterpflanzt ist der Kronentraufbereich mit einer autochthonen, klimaresilienten Staudenmischung für schattige Standorte. Hier bieten sich schattige Rückzugsorte inmitten des Quartiersplatzes an, der zu seinen Rändern hin stark belebt und frequentiert wird.
Die Wallhecke ist das Element, das die Felder und Wiesen vor Ort bereits heute markiert und in ihrer räumlichen Struktur erkennbar werden lässt. Der Knick erfüllt darüber hinaus auch wichtige ökologische Habitatfunktionen für verschiedenste Arten. Diese Struktur wird aufgegriffen und als Leitthema zur Gestaltung des neuen Quartiersplatzes verwendet. Aus dem Ort heraus entwickelt, stiftet der Knick Identität und schafft Bewusstsein für die neue, klimaangepasste Mitte im Quartier.
Ort:
Garbsen – Berenbostel (Hannover, Niedersachsen)
Auftraggeber:
Stadt Garbsen
Zeitraum:
2021
Leistungsphase nach HOAI:
Wettbewerbsverfahren