Das Märkische Viertel in Berlin ist eine überwiegend in den 1960er-Jahren gebaute Großwohnsiedlung, in der auf einer Fläche von rund 3,2 km² aktuell mehr als 40.000 Menschen leben. Der Großteil der Wohnungen ist im Besitz der GESOBAU. Beginnend mit einem Umbau des Gebäudebestands zur Niedrigenergiesiedlung hat die GESOBAU seit 2008 einen umfassenden Modernisierungsprozess in Gang gesetzt. Die Neugestaltung der Freiräume ist dabei ein wesentliches Handlungsfeld für die Zukunft des Märkischen Viertels.
2020 haben die ersten Bauarbeiten zu den von uns entwickelten Modernisierungsmaßnahmen begonnen, zu denen unter anderem die Herstellung von Aufenthaltsflächen für alle Generationen, Spiel- und Sportbereiche und neuen Wegeflächen gehört.
Einer Umsetzung ging seit 2018 eine intensive Konzeptphase voraus, bei der untersucht wurde, in welchem Umfang die vollständige Erneuerung von Bereichen oder die Umsetzung einzelner Verkehrssicherungsmaßnahmen erforderlich sein würde. Aufgrund ihrer Dysfunktionalität oder ihrer veralteten Gestaltung wurde deutlich, dass vor allem die Außenbereiche der Wohnhausgruppen 906/907, 909, 910, 911, 912 und 914 erneuerungsbedürftig sind. Ein weiterer Fokus wurde auf den Grünzug zwischen den Wohnhausgruppen 916 und 917 gelegt.
Das wesentliche Ziel der Planung ist es, das Wohnumfeld für die Anwohner*innen wieder attraktiver zu gestalten. Für die Freiräume der einzelnen Wohnhausgruppen wurden daher individuelle Gestaltungsschwerpunkte definiert, sodass jede Wohnhausgruppe eine Aufwertung durch eigene, identitätsstiftend gestaltete Mehrgenerationentreffpunkte, Erholungsorte sowie Aufenthaltsangebote erhält und zugleich vielfältige Sport- und Spielerlebnisse im gesamten Märkischen Viertel hinzukommen. Zu den neuen Bewegungsangeboten gehören neben Klassikern wie Schaukeln, Kletterkombinationen und Tischtennisplatten auch ein EPDM-Laufradparcours für Kleinkinder sowie Calisthenics- und Fitnessangebote und mehrere Streetballplätze.
Alle Bereiche erhalten abwechslungsreiche Bepflanzungen mit einer angepassten Stauden- und Gräserauswahl. Neu angelegte Wiesenbereiche tragen besonders zur Biodiversität im Märkischen Viertel bei. Wichtige Wegebeziehungen in den Innenhöfen und zur angrenzenden Bebauung werden barrierefrei hergestellt und die bestehende Beleuchtungsanlage, wo erforderlich, ergänzt.
(Wohnhausgruppe im folgenden WHG)
WHG 906/907
Der westliche Innenhof in der WHG 906 und der Innenhof in Angrenzung zur 907 wurden im Zusammenhang umgestaltet. Der westliche Innenhof erhielt eine hohe Aufenthaltsatmosphäre, dafür wurde ein zentraler Bereich aus wassergebundener Wegedecke angelegt, die den Anwohner*innen mehrere Sitzmöglichkeiten bietet, eingefasst in prächtige Gräser- und Staudenpflanzungen. Eine höher liegende Staudenböschung soll den Raum von dem angrenzenden Gehweg trennen und mehr Ruhe bieten. Mit Tisch-Sitzkombinationen werden auch den Bewohner*innen der Häuser ein nachbarschaftlicher Treffpunkt angeboten.
Im Gegensatz dazu wird der östliche Teil als großer Spielplatz modernisiert. Hier wird eine Einfriedung in Höhe von 80 cm vorgesehen. Die Palisaden sollen zurückgebaut werden, sodass die Raumteilung verschwindet und der Spielplatz als Ganzes wahrgenommen wird. Der Spielplatz soll über drei Zugänge barrierefrei zugänglich gemacht werden. Schaukeln, Kletterkombinationen sowie ein EPDM-Laufradparcours ergänzen das Spielangebot für die Kinder.
WHG 909
Der Entwurf greift die geometrischen Grundformen der Ursprungsplanung auf. Die Bereiche im Süden und um das Gebäude herum sind geometrisch ausgerichtet und besitzen eine neue, aufgeräumte Strenge, die Verbindungen und Wegebeziehungen gliedert. Im nördlichen Teil wird die örtlich gegebene Topografie aufgegriffen. Um einen Kontrast zwischen Gebäude und Freiraum zu erzielen, wurden die geometrischen Flächen aufgelöst.
Die Leitidee des Entwurfs ist, dass mit dem Gegebenen nachhaltig und strukturierend umgegangen wird. Konkret bedeutet das, klare Wegeverbindungen für die Höfe und Zuwege sowie zwischen Nord- und Südbereich zu schaffen, eine übergeordnete Wegeverbindung durch das Märkische Viertel zu etablieren, Nutzungsqualitäten für Jung und Alt zu schaffen, Flächen zu entsiegeln und Grünflächen klimagerecht anzulegen.
So wurden die alten Sandkästen in den kleinen „Innenhöfen“ zu grünen Inseln mit attraktiven Sitzmöglichkeiten umgebaut. Nördlich der Häuser wurden Spielbereiche für unterschiedliche Altersstufen umfassend neugestaltet. Viele attraktive Spielangebote, neue Blickbeziehungen zum angrenzenden Graben sowie neue Wegeverbindungen erhöhen die Aufenthaltsqualität der Wohnhausgruppe.
Im Süden am Wilhelmsruher Damm ist ein neues Sport- und Bewegungsangebot entstanden. Tischtennisplatten, ein Streetballplatz sowie Calisthenics- und Fitnessangebote bieten den Jugendlichen einen neuen Aufenthaltsraum.
WHG 910
Die Aufwertung der Außenanlagen in der WHG 910 zielt vor allem auf die Reparatur und Erneuerung der Wegeflächen, Pflege und Neugestaltung der Rasen- und Pflanzflächen sowie die Entwicklung von Spielplätzen. Punktuell wird die bestehende Beleuchtung ergänzt und vorhandene Feuerwehrfahrflächen verbreitert. Großflächige Umgestaltungen fanden v.a. im Norden und Süden der WHG statt.
Der Bereich des südlich gelegenen Jugendclub CVJM zeichnete sich durch eine sehr hohe Nutzungsintensität aus. Vielfältige Angebote bieten nun den Nutzer*innen diverse Möglichkeiten zur Entfaltung an. Eine neue Boulderwand regt zum Klettern an. Lange Tunnelrohre mit Kletterfelsen und der Wasserlauf halten die Spielenden in ständiger Bewegung. Eine Lauftrommel, Trampoline und Reckstangen sowie ein Beachvolleyballfeld bieten weitere Sportmöglichkeiten an. Für die Zuschauenden stehen eine Tribüne und eine überdachte Aufenthaltsfläche zur Verfügung. Die kleineren Spielplatzbesuchenden erhalten einen eigenen Spielbereich mit entsprechenden Spielangeboten. Das Gelände um den CVJM wird zu einem beliebten Treffpunkt für Kinder und Jugendlichen, die sich hier nach der Schule zusammenfinden.
Im Norden der Wohnanlage wurde ein Bereich mit Pflanzbeeten für urbanes Gärtnern angelegt, der von Anwohner*innen und aber auch von Hortbesuchenden genutzt werden kann. Der bestehende Spielplatz zwischen den Häusern wird erweitert, sodass viele Angebote für Klein und Groß entstehen. Der neu entstandene Kiezplatz in der Mitte der Wohnanlage schafft Begegnungsräume. Hier wurde eine brachliegende Fläche zum Aufenthaltsplatz mit blühender Pflanzung und Sitzgelegenheiten umgestaltet.
WHG 911
Die Maßnahmen in der WHG 911 zielen grundsätzlich darauf ab, Spielplätze aufzuwerten und Wegeflächen, die in die Jahre gekommen sind, zu erneuern. Des Weiteren werden Rasenflächen und Pflanzflächen neu angelegt. Weitere Themen sind barrierefreie Wege, Orientierungssysteme, Sanierung der Wallmauern und ergänzende Beleuchtung.
Die kleinen Spielflächen im gesamten Entwurfsgebiet sollen grundsätzlich zurückgebaut werden, stattdessen werden neue Spielflächen gebündelt angelegt.
Für eine bessere Übersicht werden neue Orientierungssysteme aufgestellt.
Die Freiräume in der Mitte der Wohnanlage werden zum Teil als Begegnungs- und Aufenthaltsflächen gestaltet. Diverse Sitzgelegenheiten und vielfältige Pflanzung bieten Platz zum Verweilen und Beobachten. Blühende Wiesen erhöhen die Biodiversität in der Stadt.
Die Bereiche am Rande der Wohnanlage (vor allem im Norden) stehen für Bewegung und Aktivität. Am Graben wurden mehrere Trainingsgeräte aufgestellt, die sowohl für Jung als auch für Alt zur Verfügung stehen. Hohe Spieltürme ragen weit in den Himmel hinaus und schaffen neue Aussichtspunkte für das Gebiet.
WHG 912
Durch die Aufwertung der Außenanlagen in der WHG 912 entstehen lebenswerte Räume für Jung und Alt. Versiegelte Flächen werden reduziert bzw. durch Grünflächen ersetzt. Die vorhandene Strauchpflanzung wird ausgelichtet, wodurch die Angsträume reduziert werden. Leere Spielplätze und Aufenthaltsräume werden mit neuen Angeboten und Leben gefüllt.
Weitere Themen sind barrierefreie Wege, Sanierung der Wallmauern und ergänzende Beleuchtung.
Die kleinen Spielflächen im gesamten Entwurfsgebiet werden grundsätzlich zurückgebaut. Zum Ausgleich werden neue, größere Spielflächen angelegt.
In der Mitte der Wohnanlage wurden zwei Bereiche für urbanes Gärtnern angelegt. Hier können die Anwohner*innen ihr eigenes Gemüse anbauen, die Nachbarn treffen oder einfach nur die sonnige Lage im Grünen genießen.
Der südliche Teil der Wohnanlage wird durch Bewegung und Aktivität charakterisiert. Am Graben wurden vielfältige Spielanlagen errichtet. Ähnlich wie in der WHG 911 ragen auch hier hohe Spieltürme weit in den Himmel hinaus. Die Spieltürme der WHG 911 und 912 stehen in direkter Sichtbeziehung zueinander.
WHG 914
Die Leitidee des Entwurfs war die größtmögliche Entsiegelung des weitestgehend versiegelten Innenhofs, um auf aktuelle Klimaentwicklungen einzugehen und den Bewohner*innen einen grünen Aufenthaltsbereich und Treffpunkt zu ermöglichen. Die Stahlskulptur stellt dabei den Mittelpunkt dar, an Picknicktischen können sich die Nachbarn hier treffen. Wichtige Wegebeziehungen im Innenhof und zur angrenzenden Bebauung werden barrierefrei hergestellt. Erholungs- und Spielangebote für alle Altersgruppen erhöhen die Aufenthalts- und Nutzungsqualität im Innenhof für die Anwohner*innen.
WHG 916/917
Der Entwurf greift das Thema Schlucht auf und verleiht jedem der vier Teilräume eine eigene Gestaltung und Nutzung. Die geringe Distanz zwischen den Gebäuden sowie der abgesenkte Freiraum bieten eine ideale Grundlage, um das Thema Schlucht überzeugend umzusetzen. Die formelle Gestaltung von Enge und Weite wirkt entwurfsunterstützend, sodass das Raumgefühl der einzelnen Bereiche verstärkt wird. Zu den vier Teilräumen mit thematischer Gestaltung wird eine Wegeverbindung am Hufengraben entstehen.
Die Leitidee des Entwurfs ist es, den bestehenden Grünraum zu strukturieren und aufzuwerten, eine Gestaltung umzusetzen, die für Jung und Alt Spiel- und Bewegungsräume mit Aufenthaltsbereichen ermöglicht, thematische Pflanzungen zu etablieren, eine barrierefreie Verbindung durch die einzelnen Räume zu ermöglichen und an eine übergeordnete Wegeverbindung anzuschließen. Die Bereiche unterteilen sich thematisch in die Waldschlucht, die Wasserschlucht, die Felsenschlucht und die Dschungelschlucht.
Die Waldschlucht ermöglicht einen grünen Rückzugsort. Neben Neupflanzung von Gehölzen und waldähnlicher Ergänzungspflanzung ermöglicht ein 2m breiter gepflasterter Weg eine barrierefreie Durchwegung.
In der Wasserschlucht befindet sich eine große Kletterstation, die ein „Eintauchen“ in die Wasserwelt ermöglichen soll. Begleitet wird die Fläche mit einer blauen EPDM-Fläche.
Die Felsenschlucht zeichnet sich durch eine karg wirkende Vegetation aus und bietet gleichzeitig mehrere Klettermöglichkeiten an Boulderfelsen an. Hier wurde großflächig Kies in unterschiedlichen Körnungen eingesetzt, um die Felsenschlucht optisch herauszuarbeiten.
Auch die Dschungelschlucht wird mit einer thematisch passenden Bepflanzung versehen und bietet im südlichen Teil die Möglichkeit, sich in verschiedenen Spielhäusern zu verstecken. Angrenzend an den Packereigraben befindet sich der Jugendtreff: eine Schaukelpromenade sowie ein Sitzpodest ermöglichen hier einen attraktiven Treffpunkt.
Ort:
Märkisches Viertel (Berlin-Reinickendorf)
Auftraggeber:
GESOBAU AG
Zeitraum:
2019 – 2023
Leistungsphase nach HOAI:
2 – 9
Baukosten:
21,53 Mio. € brutto
Fläche:
105.600 m²